X

META10 | News

 

Secure Cloud E-News

Möchten Sie auf dem Laufenden bleiben? Melden Sie sich hier für unsere E-News an.

 

24Okt

Das erste Schweizer Künstliche Intelligenz(KI)-Sprachmodell «Apertus» im Vergleich mit «ChatGPT» und «Deepseek»

KI | 0 Comments | | Return| 24.10.2025|

Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne EPFL, die ETH Zürich und das schweizerische Supercomputing-Zentrum CSCS haben das Large Language Model LLM «Apertus» veröffentlicht. Das offene Künstliche Intelligenz(KI)-Sprachmodell «Apertus» ermöglicht es Forschenden, Fachpersonen und erfahrenen Anwenderinnen und Anwendern, dass sie auf dem KI-Modell aufbauen, es an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen sowie jeden Teil des Trainingsprozesses transparent nachvollziehen können. Damit unterscheidet sich «Apertus» deutlich von KI-Modellen, bei denen nur ausgewählte Komponenten zugänglich sind. Lesen Sie einen Vergleich von «Apertus» mit «ChatGPT» und «Deepseek».

 

Grosse Unterschiede bei den KI-Sprachmodell-Parametern

Parameter in KI-Sprachmodellen sind die mathematischen Werte, die das Verhalten und das Wissen des KI-Modells bestimmen. Sie sind gewissermassen die „Gedächtniszellen“ des KI-Modells, in denen es während des Trainings Informationen speichert. Je mehr Parameter ein KI-Modell hat, desto komplexer und leistungsfähiger kann es sein: Es kann feinere Zusammenhänge erkennen und komplexere Aufgaben bewältigen. Die Anzahl der Parameter ist mithin ein Mass für die Grösse und potenzielle Leistungsfähigkeit eines KI-Modells. KI-Modelle mit mehr Parametern sind intelligenter, aber auch ressourcenintensiver.

«Apertus»: Das KI-Modell «Apertus» steht in zwei frei verfügbaren Modellgrössen bereit, und zwar mit 8 Milliarden Parametern sowie mit 70 Milliarden Parametern. Die kleinere Variante eignet sich besonders für eine individuelle Nutzung. Beide Modelle werden unter einer permissiven, das heisst nutzungsfreundlichen Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Diese lässt einen Gebrauch in Bildung und Forschung ebenso zu wie breite gesellschaftliche und wirtschaftliche Anwendungen.

«ChatGPT»: Es gibt keine offiziellen Angaben über die Anzahl der Parameter von «ChatGPT». Experten schätzen, dass «ChatGPT-5» zwischen einigen Hundert Milliarden bis zu einer Billion Parametern haben könnte. ChatGPT-3 hatte vermutlich rund 175 Milliarden Parameter und ChatGPT-4 mehrere Hundert Milliarden Parameter.

«Deepseek»: «Deepseek» bietet verschiedene KI-Modelle an. Das grösste, «Deepseek-V2», hat laut offiziellen Angaben 236 Milliarden Parameter. Auch hier liegt die Zahl mithin deutlich über den 70 Milliarden des grossen «Apertus»-KI-Modells.

 

«Apertus» besticht durch seinen Open-Source-Ansatz

«Apertus» sticht besonders durch seinen Open-Source-Ansatz hervor: Der Code, die Modellgewichte und Teile der Trainingsdaten sind frei verfügbar. Dadurch können Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Einzelpersonen das Modell nutzen, anpassen und weiterentwickeln. Die Offenheit fördert Innovation und Kollaboration und macht es möglich, eventuelle Vorurteile im Modell oder Schwächen gezielt zu adressieren.

Im Gegensatz dazu ist «ChatGPT» ein kommerzielles Produkt, dessen Modelle und Trainingsdaten nicht vollständig offenliegen. Auch wenn OpenAI, Herausgeber von «ChatGPT», inzwischen einige kleinere Modelle und Werkzeuge veröffentlicht hat, bleiben die Flaggschiff-Modelle proprietär, was eine unabhängige Überprüfung und Anpassung erschwert.

«Deepseek» verfolgt einen hybriden Ansatz: Zwar werden Modelle und Teile des Trainingsverfahrens offengelegt, doch die vollständige Transparenz, wie sie «Apertus» bietet, wird nicht erreicht.

 

«Apertus» legt grossen Wert auf die Mehrsprachigkeit

«Apertus» wurde im Dienste der Sprachvielfalt der Schweiz und Europas mit einem starken Willen zur Mehrsprachigkeit entwickelt. Neben den grossen Landessprachen werden auch Dialekte und Minderheitensprachen unterstützt. So eignet sich das KI-Modell besonders gut für Anwendungen, die Schweizerdeutsch, Rätoromanisch, Italienisch, Französisch, Deutsch oder auch seltene Sprachvarianten einbeziehen wollen.

«ChatGPT» dagegen ist primär auf Englisch trainiert, unterstützt jedoch auch zahlreiche weitere Sprachen. In der Praxis ist die Modellleistung bei Englisch und anderen Weltsprachen wie Spanisch, Französisch oder Deutsch sehr gut, während kleinere Sprachen oder Dialekte seltener abgedeckt werden.

«Deepseek» bietet eine breite Mehrsprachigkeit, konzentriert sich jedoch besonders auf asiatische und globale Hauptsprachen. Europäische Minderheitensprachen oder schweizerische Dialekte stehen nicht im Zentrum.

 

Leistung und Benchmarks

Da «Apertus» ein neues KI-Modell ist, sind erste unabhängige Benchmark-Ergebnisse noch im Aufbau. Erste Tests zeigen, dass «Apertus» in europäischen Sprachen, insbesondere in Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch, hervorragende Leistungen erzielt. In Aufgabenfeldern wie Textverständnis, Übersetzung oder Zusammenfassung kann «Apertus» besonders dann punkten, wenn kulturelle und sprachliche Kontexte aus Europa eine Rolle spielen.

«ChatGPT» bleibt in den meisten Benchmarks, insbesondere auf Englisch und globalen Wissensgebieten, führend. Die Leistungsfähigkeit resultiert aus dem riesigen Umfang der Trainingsdaten und der KI-Modellgrösse.

«Deepseek» schneidet in technischen und wissenschaftlichen Benchmarks besonders gut ab, vor allem im Bereich Codegenerierung sowie bei mathematischen Aufgaben oder naturwissenschaftlichen Fragen. In europäischen Minderheitensprachen bleibt die Leistung jedoch hinter «Apertus» zurück.

 

Datenschutz und Ethik

Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal von «Apertus» ist die strikte Einhaltung schweizerischer und europäischer Datenschutzstandards. Die transparente Entwicklung und die Datennutzung ermöglichen eine sehr gute Kontrolle und Nachvollziehbarkeit. Das ist für viele Unternehmen und Behörden in der Schweiz und in Europa ein wichtiger Pluspunkt: Potenzielle ethische Risiken können durch offene Prüfmechanismen leichter identifiziert und behoben werden.

«ChatGPT» und «Deepseek» unterliegen den jeweiligen Datenschutzgesetzen ihrer Herkunftsländer USA beziehungsweise China. Diese Datenschutzgesetze sind nicht immer mit den strengen Vorgaben der Schweiz oder der Europäischen Union EU vereinbar. Eine Überprüfung oder eine Anpassung an die lokalen Anforderungen ist für die Nutzerinnen und Nutzer aus der Schweiz und Europa deshalb schwieriger.

 

Anwendungsbereiche und Flexibilität

Die offene Lizenz und die Mehrsprachigkeit von «Apertus» machen dieses KI-Modell besonders für Anwendungen in Verwaltung, Wissenschaft und Bildung attraktiv. Auch Unternehmen, die Wert auf Datenhoheit und Anpassbarkeit legen, profitieren. Dank der Schweizer Herkunft und der Offenheit des KI-Modells ist die Integration in lokale IT-Infrastrukturen besonders gut möglich.

«ChatGPT» überzeugt vor allem durch seine vielseitige Einsetzbarkeit als Chatbot, Textgenerator, Assistent und Analysewerkzeug. Die Integration in viel verwendete Produkte wie Microsoft Office macht «ChatGPT» für Nutzerinnen und Nutzer leicht zugänglich. Gleichzeitig ist das aber mit den bekannten Abhängigkeiten von ausländischen Clouddiensten und Datenschutzrisiken verbunden.

«Deepseek» findet vor allem im Bereich Forschung und Entwicklung Anwendung. Dies gilt insbesondere für Aufgaben, die hohe technische und wissenschaftliche Präzision erfordern. Die von «Deepseek» gebotene Offenlegung des KI-Modells ermöglicht hier individuelle Anpassungen.

 

«Apertus» muss zulegen

«Apertus» ist in Sachen Transparenz, europäische Werte und Mehrsprachigkeit unbestritten ein Vorreiter. «Apertus» muss sich aber im Hinblick auf die KI-Modellgrösse und die allgemeine Leistungsfähigkeit noch entscheidend weiterentwickeln, um mit den grossen KI-Modellen gleichzuziehen. Auch die Community und das Ökosystem rund um «Apertus» stehen noch ganz am Anfang.

Die folgenden Schwächen der KI-Konkurrenzmodelle können den Durchbruch von «Apertus» erleichtern:

  • «ChatGPT» punktet zwar mit einer riesigen Wissensbasis, ist jedoch als Blackbox nur eingeschränkt anpassbar und birgt Datenschutzrisiken.
  • «Deepseek» bietet zwar Offenheit und eine hohe Leistungsfähigkeit in technischen Bereichen, ist jedoch weniger fokussiert auf europäische Anforderungen und Sprachen.

 

«Apertus» ist ein vielversprechendes Schweizer KI-Modell

«Apertus» stellt einen bedeutenden Schritt für die europäische KI-Souveränität dar: Offen, mehrsprachig, transparent und datenschutzkonform. Für Anwendungen in Europa, bei denen sprachliche Vielfalt, Anpassbarkeit und Datenschutz im Vordergrund stehen, ist «Apertus» eine vielversprechende Alternative zu «ChatGPT» und «Deepseek». Während «ChatGPT» weiterhin durch Breite und Tiefe brilliert und «Deepseek» in technischen Disziplinen Bestwerte erreicht, könnte sich «Apertus» als Modell der Wahl für europäische Kontexte und Forschungsanwendungen durchsetzen.

Die zukünftige Entwicklung bleibt spannend. Es fragt sich besonders, wie schnell sich rund um «Apertus» eine aktive Community und ein vielfältiges Ökosystem bilden werden. Die Schweiz und Europa setzen mit «Apertus» jedenfalls ein Zeichen für eine offene, vertrauenswürdige und vielfältige Künstliche Intelligenz.

Related